Insgesamt müssen wir dafür sorgen, dass uns unsere panamaischen Nachbarn akzeptieren und brauchen. Das ist zu erreichen, indem wir
- unsere eigene Gemeinschaft aufbauen, um unsere eigene Meinung zu vertreten
- uns mit der Realisierung von Projekten befassen, die nicht nur in unserem, sondern auch im Interesse der einheimischen Bevölkerung sind
- uns auf Schwerpunkte wie Aquaponics konzentrieren, die ohne unser Wissen und ohne unsere Unterstützung nicht durchgeführt werden könnten
- uns mit der Verbesserung der Böden, mit der Produktion organischer Nahrung und mit der Herstellung von Werkzeugen befassen
- alles tun, was wir tun können, um das Beste aus der Situation nach einem Crash zu machen, so dass unsere Anwesenheit auch zum Vorteil der Panameños ist
Sind wird in Panama sicher?
Wer plant, seine Heimat, Kultur und vertraute Strukturen aufzugeben und bereit ist, Freunde und Familienangehörige zurückzulassen, um auszuwandern, möchte sicher sein, die richtige Entscheidung zu treffen. Daher werde ich oft gefragt, warum ich davon ausgehe, dass Panama im Falle eines Falles sicherer sei als Europa und ob die Panameños nicht über uns herfallen würden, sollte es eines Tages zu weltweiten Verwerfungen kommen.
Schon lange mache ich mir Gedanken über die Zeit nach dem Tag X und was danach passieren wird. Dass rainforest-invest als einziger Arbeitgeber Angestellte aus unserem Nachbardorf Garnadera beschäftigt, ist zweifellos ein Bonus, aber es ist noch kein Grund anzunehmen, dass wir nach einem Crash hier in Sicherheit sein werden. Schließlich ist bekannt, wozu Menschen fähig sind, wenn es ums Überleben geht. Abgesehen davon brauchen die Panameños keine Fremden, um Bananen und Yuca zu pflanzen, denn das können sie auch alleine. Folgerichtig müssen wir unsere Anwesenheit auf der Finca Bayano gewisser weise rechtfertigen. Abgesehen von der Produktion von Nahrungsmitteln und anderen Gütern für unseren Eigenbedarf müssen wir uns mit der Realisierung von Projekten befassen, die auch im Interesse der einheimischen Bevölkerung sind und ohne unsere Hilfe nicht realisiert werden könnten oder mit uns einfacher zu realisieren sind. Auf diese Weise entsteht ihrerseits eine gewisse Abhängigkeit uns gegenüber und unsere Anwesenheit nach dem Tag X ist auch zu ihrem Vorteil. Mangels Information können sie sich nicht vorstellen, was ein Crash bedeutet und wären sie informiert, würden ihnen die Mittel fehlen, sich darauf vorzubereiten. Genau an dieser Stelle müssen wir ansetzen, denn diesbezüglich haben wir einen entscheidenden Vorteil: Wir wissen, was auf uns zukommt – zumindest haben wir eine Vorstellung – und wir verfügen die über Mittel, um uns auf der Finca Bayano vorzubereiten.
Bescheidenheit
Heute ist die Bezahlung meiner Arbeiter ein positiver Beitrag für das Dorf – sie verdienen etwa $400 pro Monat. Wer nicht verschwenderisch wirtschaftet und keine große Familie zu ernähren hat, kann von diesem Geld als Selbstversorger sogar noch etwas sparen. Nach dem Crash gibt es möglicherweise kein Geld mehr und dann wird vielleicht mit Naturalien bezahlt oder es wird getauscht. Gelingt es uns, von unserem Wissen zu profitieren und entsprechende Vorbereitungen vor dem Tag X abzuschließen, können wir der Zeit danach entspannter entgegensehen. Unsere Nachbarn wohnen in ihren eigenen Häusern, haben ihren eigenen Garten mit Hühnern, die Grundversorgung im Gesundheitswesen ist kostenlos, Strom ist billig, Wasser umsonst und es gibt fast keine Autos. Wer nicht die Möglichkeit hat, in der Stadt zu arbeiten oder bevorzugt, auf dem Land zu bleiben, lebt sehr bescheiden. Die ärmsten Panameños leben so, wie sich moderne Betrachter die Zeit nach dem ”Game Over” vorstellen: sie haben Lehmhütten ohne fließendes Wasser und ohne Strom, sie laufen barfuß und gehen selten zum Arzt, sie essen kaum Fleisch und haben kein Übergewicht. Sie besitzen ein kleines Stück Land, auf welchem sie fast alles produzieren, was sie brauchen. Daher ist ihre Fallhöhe nach dem Tag X wesentlich geringer als die der Stadtbewohner, denn der Lebensstandard der Ärmsten kann nicht viel weiter fallen.
In gewisser Weise ist es für uns ein Vorsprung, diese Szenen bereits heute beobachten zu können. Es ist erfreulich zu sehen, dass diese Menschen absolut friedlich sind, weil die natürlichen Voraussetzungen optimal sind: Das Klima erlaubt die ganzjährige Produktion von Nahrung und das Land ist dünn besiedelt. Daher gibt es keinen Grund für Auseinandersetzungen, die in erster Line im Zusammenhang mit dem modernen Leben entstehen. Herrscht in Panama City ein raues Klima in Bezug auf Kriminalität, so gibt es in unserer Gegend so gut wie keine Probleme. Es kommt schon mal vor, dass ein Huhn in einem fremden Kochtopf landet, schwere Verbrechen sind in unserer Gegend jedoch kein Thema.
Wie es nach dem Tag X mit dem Transportwesen, Strom und anderen Errungenschaften der modernen Gesellschaft aussehen wird, bleibt abzuwarten. Möglicherweise werden Polizei und administrative Kräfte umstrukturiert oder funktionieren nur eingeschränkt. Insbesondere aus diesem Grund ist Harmonie mit der lokalen Bevölkerung die Grundvoraussetzung für unsere Zukunft.
Was können wir tun?
Um unsere Anwesenheit in Panama zu rechtfertigen, können wir in vielerlei Hinsicht tätig werden. In erster Linie geht es natürlich um den Anbau von Nahrungsmitteln. Weil nach einem Crash möglicherweise keine Importe mehr möglich sind, ist die Herstellung von landwirtschaftlichen Werkzeugen noch wichtiger, denn ohne sie ist die Produktion von Lebensmitteln undenkbar. Ferner können wir mit den zur Verfügung stehenden Maschinen und Werkzeugen auf der Basis unserer Kenntnisse Bekleidung und Baumaterialien herstellen. Je positiver sich der Einfluss der Finca Bayano auf die Lebensbedingungen der einheimischen Bevölkerung auswirkt, umso besser wird unsere eigene Situation sein.
Lebensmittel
Reis wird in Panama subventioniert und mit Hilfe von Chemikalien werden ausreichende Mengen von Lebensmitteln produziert. Nach einem Crash werden Importe wahrscheinlich nicht mehr möglich sein und sollten chemische Düngemittel nicht mehr zur Verfügung stehen, könnte es auch in Panama bei der Produktion von Lebensmitteln zu Engpässen kommen. Eine Hungersnot ist jedoch nicht zu erwarten. Spätestens wenn es in Europa zu größeren Verwerfungen kommt, sollten wir die Finca Bayano soweit entwickelt haben, dass wir imstande sind, Lebensmittel an Einheimische zu verkaufen oder mit ihnen zu tauschen. In erster Linie denke ich dabei an Aquaponik-Farmsysteme, mit welchen Fisch und Gemüse mit verhältnismäßig geringen Wassermengen produziert werden können. Eine ausgewogene Diät wird insbesondere in schlechten Zeiten eine wichtige Rolle spielen; Speiseöl möchte ich diesbezüglich hervorheben. Ab 2018 sollten wir im Stande sein, Öl aus Sonnenblumen und Erdnüssen herzustellen.
Regenerierung der Böden mit organischem Dünger
Ein wichtiger Grund, warum das Agrarland Panama sich als Standort für die Finca Bayano so gut eignet, ist die Tatsache dass die relativ zur Verfügung stehende Agrarfläche wesentlich größer ist als in Industrieländern. Zudem kann sie wegen der klimatischen Voraussetzung wesentlich besser genutzt werden. Leider wurden auch hier Chemikalien zur Nahrungsmittelproduktion eingesetzt, so dass es auf den betroffenen landwirtschaftlichen Flächen auch hier Jahre dauern wird, bis sie sich erholen. Daher ist die schnelle Regenerierung der Böden nach dem Tag X eine der größten Herausforderungen: Lebensmittelproduzenten, die den Bezug zur organischen Lebensmittelherstellung verloren haben, weil sie heutzutage nur mit Chemikalien konkurrenzfähig sind, müssen sich nach dem Tag X direkt umstellen und auf die wesentlich aufwendigeren natürlichen Produktionsmethoden ihrer Großeltern zurückgreifen. Zu diesem Zeitpunkt können wir einerseits unsere Erfahrungen mit der Verbesserung der Böden weitergeben und andererseits mit vielen Tausend Ablegern falscher Sonnenblumen (Heliopsis helianthoides) und Schilfgräsern helfen, ausgelaugte Böden für den organischen Anbau wieder zu beleben. Beide Pflanzen gelten bei den Panameños als Unkraut und werden bekämpft. Mein Ziel hingegen ist es, die Menge dieser Mulchpflanzen zu verdoppeln, um zukünftig ausreichend Dünger in direkter Nähe aller Nutzpflanzen zur Verfügung zu haben. Mehr als 100.000 Mulchpflanzen gedeihen bereits auf der Finca Bayano.
Spätestens wenn weltweite Verwerfungen zu erwarten sind, müssen wir diesbezüglich die Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen suchen. Gelingt es uns rechtzeitig, die Verwaltung von unserer Methode der Regenerierung der Böden zu überzeugen, sind wir auf der sicheren Seite. So rechtfertigen wir nicht nur unsere Anwesenheit, sondern es besteht die berechtigte Hoffnung, dass wir noch fahren, wenn andere keinen Sprit mehr bekommen und wir davon profitieren davon, die Finca Bayano seit Jahren organisch betrieben zu haben.
Tiere
Auch bei der Produktion von Fleisch sind alle kommerziellen Nahrungsmittelproduzenten darauf angewiesen, Chemikalien einzusetzen, denn nur auf diese Weise können sie sich auf dem Markt behaupten. Ein Kilogramm kommerzielles Huhn kostet etwas mehr als zwei Dollar, wohingegen auf dem Land für die gleiche Menge halbwegs organisch produziertes Fleisch mindestens das Doppelte bezahlt werden muss. Dennoch werden Hühner auch für vier Dollar das Kilo kaum verkauft, weil bei diesem Preis nichts zu verdienen ist. Ein echtes Bio-Huhn müsste schätzungsweise acht Dollar pro Kilo kosten – also das Vierfache eines normalen Huhns. Diesen Preis können und wollen die Konsumenten jedoch nicht bezahlen. Einerseits fehlt ihnen dazu das Geld und andererseits gibt es noch zu wenige Verbraucher, die verstehen, woher ihre Allergien kommen. Bio ist im Grunde nur in Panama City ein Thema. In den kommenden Jahren können wir mit unseren Produkten wesentlich dazu beitragen, das Bio-Angebot zu verbessern.
Ferner können wir uns mit der Zucht der wichtigsten Tiere befassen.
Lederwaren
Lederwaren werden zu einem großen Teil importiert. Zwar werden in Panama jede Menge Kühe geschlachtet, aber das Leder wird lediglich zur Herstellung von Sätteln benutzt. Ein großer Teil der Häute, woraus hochwertige Lederwaren gemacht werden könnten, wird exportiert, wohingegen minderwertige Produkte importiert werden; China lässt grüßen. Nach dem Tag X wird sich das ändern und es bleibt zu hoffen, dass wir uns rechtzeitig darauf einstellen können. Einerseits ist es zu früh, Maschinen für die Herstellung von Schuhen oder anderen Lederwaren zu importieren, denn unsere Produkte wären gegenüber chinesischer Billigware nicht konkurrenzfähig. Warten wir aber zu lange, wird es keine Maschinen mehr geben.
Werkzeuge
Noch wichtiger als Tiere und Pflanzen sind Werkzeuge, um das Land zu kultivieren. Ein Leben ohne Machete ist nach dem Crash absolut undenkbar. Daher sollten wir imstande sein, Werkzeuge aus Altmetallen herzustellen. In Afrika wurde ich Zeuge, wie aus Motorhauben Kochtöpfe gemacht wurden. Das ist keine wirkliche Herausforderung, denn das Blech ist dünn, aber dennoch bedarf es gewisser Mindestvoraussetzungen wie spezieller Werkzeuge und einer Portion Phantasie, Altmetalle zu verarbeiten. Vorübergehend wird es genügend Material geben, um Macheten, Mistgabeln und andere Werkzeuge zu schmieden. Darauf müssen wir uns jedoch vorbereiten, denn mit einem Lagerfeuer einen Löffel aus einer Kurbelwelle zu schmieden, ist ohne entsprechende Kenntnisse unmöglich.
Weitere Möglichkeiten
Natürlich gibt es weitere Möglichkeiten, auf die ich hier nicht eingegangen bin. So können wir Heilpflanzen kultivieren, denn nach dem Tag X wird es wahrscheinlich zu Engpässen im Bereich konventioneller Medikamente kommen, und wir können mit Backenbrechern Splitt herstellen, um Wege zu bauen. Ferner besteht die Möglichkeit, im Bereich der Wasserversorgung Brunnen zu graben als auch Wasserpumpen und Staudämme zu bauen und vieles mehr.
Verteidigung
Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis können in Panama einen Waffenschein beantragen. Mit der Erteilung ist es erlaubt, Feuerwaffen zu besitzen und zu führen. Ich empfehle, einen Waffenschein direkt nach der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zu beantragen. Die Kosten belaufen sich auf $600.
Sich verteidigen zu können, ist generell sinnvoll. Sich während schlechter Zeiten verteidigen zu können, ist umso sinnvoller. Dafür sollte eine Mindestausstattung zur Verfügung stehen, die zuerst einmal als Abschreckung dient, denn wir brauchen keine Waffen um anzugreifen, sondern, um zu verhindern, angegriffen zu werden. Ging auch ich früher davon aus, dass es nicht erstrebenswert ist, Waffen zu besitzen, so habe ich diese Meinung grundlegend revidiert. Schließlich sind die guten Zeiten vorbei und wer keine Feuerwaffen besitzt, wenn das Chaos ausbricht, hat entsprechend schlechtere Karten.
Wer verstanden hat, dass selbst die Sicherheit der letzten Jahrzehnte mit der Verschuldung finanziert wurde, versteht auch, dass es diese Sicherheit nicht mehr geben kann, sobald der Staat bankrott ist.
Nur wer sich darauf einstellt, kann den Crash überleben!