- Panama ist dünn besiedelt
- die Gegend um die Finca Bayano ist sehr dünn besiedelt
- die Finca Bayano liegt fernab dicht besiedelter Gebiete
- die Hälfte der panamaischen Bevölkerung lebt in den Städten
- im Falle eines Crashs werden alle Bewohner die Städte verlassen, die Bevölkerung auf dem Dorf wird sich möglicherweise verdoppeln
- unser Dorf könnte ohne weiteres die doppelte Menge an Menschen ernähren
Tausende Kilometer bin ich durch Panama gefahren, um das Gelände für mein Projekt zu finden. Erfüllte das Land meine Bedingungen, um hierher auszuwandern, musste ich danach einen Ort finden, der für den Aufbau der Finca Bayano geeignet war. Ganz bewusst suchte ich ein kleines Dorf in einer dünn besiedelten Gegend. Im Juli 2010 hatte ich es gefunden: Garnadera de Las Palmas in der zentralen Provinz Veraguas, ein Dorf mit 300 Einwohnern. Das Dorf liegt 330 Kilometer westlich von Panama City, 80 Kilometer westlich von Santiago und 150 Kilometer östlich von Davíd. Dass die Gegend dünn besiedelt ist, kannst Du in Google Earth sehen: Veraguas hat eine Bevölkerungsdichte von weniger als zehn Menschen pro Quadratkilometer. Die Finca Bayano befindet sich auf den Koordinaten 8°06’07,55″ N und 81°28’08,60″ W. Unser Haus befindet sich etwa 350 Meter südöstlich vom Haupteingang der Finca auf den Koordinaten 8°05’56,59″N und 81°28’29,38″W. Panama ist so groß wie Bayern und hat vier Millionen Einwohner. Vierzig Prozent leben im Ballungsraum um Panama City und weitere 10% in kleineren Städten. Etwa die Hälfte der Bevölkerung lebt auf dem Land. Die kleineren Städte David, Santiago, Penenomé, Colón und Chepo können in keiner Weise mit der Hauptstadt verglichen werden, so dass Panama City im Grunde die einzige große Stadt im Land ist.
Da sich die Metropole weder mit Trinkwasser noch mit Lebensmitteln selbst versorgen kann, ist es unmöglich, einen Crash in der Stadt zu überleben. Diese Aussage gilt natürlich auch für andere große Städte. Weltweit! Verschlechtert sich die Situation in Anbetracht eines weltweiten Zusammenbruchs auch in Panama dermaßen dramatisch, dass die Versorgung Panama Citys von außen nicht mehr möglich ist und verlieren die Bewohner der Stadt ihre Arbeit und damit ihre Existenz, wird ihnen nichts Anderes übrig bleiben, als aufs Land zu ziehen. Weil Panama City aber eine sehr junge Stadt ist, die sich erst im Laufe der letzten Jahrzehnte entwickelte, haben fast alle Städter Kontakte zu Verwandten in der Provinz. Zwei verschwindend kleine Gruppen haben keine Angehörigen auf dem Land. Einerseits gibt es Familien, die seit mehreren Generationen in der Stadt leben und andererseits gibt es ein paar tausend Gastarbeiter. Ob Ausländer, die im Falle eines Crashs mittellos sein werden, Panama noch verlassen können oder wollen, sei dahingestellt und ob Stadtbewohner – ohne Angehörige außerhalb der Stadt – auf dem Land aufgenommen werden, ist sehr schwer zu beurteilen, es sollte sich aber insgesamt um nicht mehr als 100.000 Menschen handeln.
Generell sind zwei gänzlich verschiedene Crashszenarien denkbar. Einerseits der sogenannte “Salami-Crash” – ein Zusammenbruch, der scheibchenweise erfolgt: jede Woche, jeden Monat, jedes Jahr ein wenig schlechter. Und andererseits der “Crash von einem Tag auf den anderen”, der Totalzusammenbruch.
Wie ich oben bereits erwähnte, wohnt jeweils eine Hälfte der panamaischen Bevölkerung in der Stadt und die andere Hälfte auf dem Land. Das ist eine ganz entscheidende Tatsache. Trifft meine Annahme zu, dass die Bewohner ihre Stadt nach einem Totalzusammenbruch direkt verlassen müssen, bedeutet dies rein mathematisch betrachtet, dass Panama City nach einem Crash – sofort oder über einen längeren Zeitraum – im negativsten Fall so gut wie keine Bewohner mehr hat und dass sich die Bevölkerung auf dem Land infolge dieser Wanderbewegung verdoppelt. In unserem Dorf würde die Anzahl der Bewohner von 300 auf 600 Menschen steigen. Rein ernährungstechnisch betrachtet wäre das kein Problem.
Kommt es zum “Salami-Crash”, würden die Menschen gemäß meiner Annahme nach und nach die Stadt verlassen, um in die Provinz zu kommen. Die Anzahl der Bewohner auf dem Land würde entsprechend dem Tempo des wirtschaftlichen Niedergangs steigen. Leute, die an McDonald’s und klimatisierte Kinos mit Popcorn gewöhnt sind, müssten sich dann langsam an die Arbeit auf dem Land gewöhnen. Wahrscheinlich würden sie wenig Gefallen an dieser Art Leben finden, denn ursprünglich sind sie ja in die Stadt gezogen, um das moderne Leben zu genießen. Daher bleibt zu hoffen, dass es bei deren Rückkehr nicht zu allzu großen Problemen kommt. Aber auch in diesem Fall gilt wieder die gleiche Aussage: je besser wir uns vorbereiten, desto besser werden wir mit den Problemen umgehen können.
Kommt es zum “Crash vom einen auf den anderen Tag”, sieht die Sache natürlich ganz anders aus, denn dann wird in Anbetracht der Lagerhaltung moderner Menschen enormer Stress entstehen. Die Leute haben null Information, was die Realität betrifft und sind dementsprechend null vorbereitet. Gerade in den Städten werden nahezu null Lebensmittel, null Brennstoffe, null Werkzeuge gelagert und die absolute Mehrheit erkennt den Ernst der Situation erst, wenn alle Supermärkte leer, alle Kreditkarten wertlos, alle Steckdosen tot und alle Tankstellen trocken sind. Wer nun eine Flasche Coke im Kühlschrank hat und fünf Liter Sprit im Tank, wird auf einmal an seine Familienangehörigen auf dem Land denken, denen er zum letzten Mal vor 15 Jahren 20 Dollar zu Weihnachten schickte. Er würde sie nun gerne anrufen, aber das geht ja nicht, denn das iPhone macht keinen Mucks. Er würde gerne zu ihnen fahren, aber auch das geht nicht mehr, denn der Stau beginnt direkt vor seinem Haus. Hatte er bereits kostbare Stunden verloren, sich mit dem Gedanken anzufreunden, weder seine Wohnung noch seinen mit Kredit erworbenen Hausrat jemals wiederzusehen, nachdem er die Stadt verlassen würde, so verliert er nun weitere Zeit, um sich von seinem Auto zu trennen. Schließlich geht er zu Fuß, denn sein Instinkt sagt ihm, dass es sich um ein besonderes Ereignis handelt und dass es allerhöchste Zeit ist, sich auf den Weg zu machen. Er erinnert sich an den Weg zu seiner Familie auf dem Land: 500 Kilometer und immer geradeaus… Weil sich auf der Straße jedoch gar nichts mehr bewegt, gehen alle zu Fuß und schnell entstehen die ersten Probleme: Alle haben Hunger, aber keiner hat etwas zu essen. Alle haben Durst, aber keiner hat etwas zu trinken. Manche haben Geld, aber es gibt nichts mehr zu kaufen. Es wird also zu Meinungsverschiedenheiten kommen, wenn jemand eine heiße Coke rausholt….
Wie viele Menschen es im Falle eines “Crashs von heute auf morgen” lebendig in unser Dorf schaffen, ist unmöglich zu sagen. Viele würden die Stadt erst gar nicht verlassen, um erst einmal zu plündern und schließlich dort zu verenden. Andere würden die Stadt erst gar nicht verlassen können. Mit 50 Kilo Übergewicht ist es vielleicht noch möglich, die Treppe runter zu kommen, aber das erste Dorf außerhalb Panama Citys ist mit dieser trägen Masse zu Fuß nicht zu erreichen. Wiederum andere würden im wahrsten Sinne der Worte auf der Strecke bleiben, denn ohne Wasser ist in den Tropen nach spätestens zwei Tagen Schicht im Schacht. Kommt der Crash im europäischen Winter, trifft es Unvorbereitete Zeitgenossen umso härter, denn dann ist in Panama Trockenzeit.
Das erste Dorf wird es sowieso hart treffen, denn dort werden alle nach Lebensmitteln suchen – wie 1922 in Overath zum Kartoffelkrieg. Aus diesem Grunde ist die Finca Bayano so weit weg von Panama City.
Diese Wahrscheinlichkeitsrechnung garantiert uns noch nichts, aber wie auch immer ein weltweiter Zusammenbruch ablaufen würde, die dünne Besiedlung Panamas und die große Entfernung der Finca Bayano zu dicht besiedelten Gebieten sind mit die wichtigsten Voraussetzungen für das Gelingen unseres Projekts.
Hattest Du keinen Einfluss darauf, wo Du geboren wurdest, so kannst Du doch entscheiden, wo Du den Crash überlebst!