- wer das Volk ist, entscheidet niemals das Volk
- nachdem ich erkannt hatte, dass es ausschließlich das internationale Großkapital ist, welches über unser Schicksal entscheidet, habe ich für patriotische Denkweisen nichts mehr übrig
- wer dem letzten Akt des Dramas nicht vor Ort beiwohnen möchte, muss Europa verlassen
- wer glaubt, dass es zuerst schlechter werden muss, bevor es besser wird, wird erleben, dass es schlechter wird, bevor es noch schlechter wird…
1989 glaubte ich, die Wiedervereinigung Deutschlands sei echt – ein paar Jahre später war ich von diesem Gedanken geheilt. Es wurde vermittelt, dass ein System, welches die Fäden über 40 Jahre mit eiserner Hand gezogen hatte, von ein paar Demonstranten in die Knie gezwungen wurde. Wie naiv war es, das zu glauben? Wer das Volk ist, entscheidet niemals das Volk!
So echt das Video von Mielke ist, in welchem er sagte, er liebe doch alle, so falsch war Gorbatschow. Musste er – als Überbringer der Nachricht – eingeweiht gewesen sein, so fielen Honecker und Co. samt dem größeren Teil aller Ost-Eliten wohl aus allen Wolken, als sie in die Tonne getreten wurden. Ceaușescu hätte es mit Bestimmtheit vorgezogen, seine letzten Tage wie Honecker zu verbringen, anstatt nach einem Schnellverfahren im Hinterhof erschossen und im Wald verscharrt zu werden. Die Ost-Eliten waren so echt, dass sie noch nicht einmal ein Konto in der Schweiz hatten.
Wie fast alle anderen Zeitgenossen war ich vom Fall der Mauer begeistert und dachte, es könne nur besser werden; insbesondere, was Umland und Umsatz betraf. Endlich konnten wir ohne Sondererlaubnis und Eintrittskarte das Berliner Stadtgebiet verlassen und ein um ein Vielfaches erweitertes Publikum wirkte sich sehr positiv auf mein Geschäft in Kreuzberg aus. Ganz nahe an der Mauer – wo es damals keine Ampeln gab und daher umso mehr Fahrzeuge von Fahrschulen unterwegs waren – befanden wir uns von heute auf morgen nicht mehr am Ende der Welt, sondern mitten drin!
Damals war ich noch fern der Vorstellung, dass es sich um einen weiteren Akt im Theater handelte; um den vorletzten nämlich. Weder hatte ich die Zeit, mich um Politik und Wirtschaft zu kümmern, noch gab es dazu einen Anlass. Schließlich lag das Geld auf der Straße und wer es verstand, sich zu bücken, hatte wenig Anlass, sich zu beschweren. Glaubten wir alle, mit der Wiedervereinigung könne zusammenwachsen, was immer zusammengehörte, ging es in Wirklichkeit nur darum, das Zinskasino weiter am Leben zu halten. Bis heute versteht der allergrößte Teil der Bevölkerung nicht, dass der Osten Europas nur geöffnet wurde, um die Schuldenorgie weiter aufzubauen, beziehungsweise um mit neuen in Osteuropa aufgenommenen Schulden Zinsen alter Kredite im Westen bedienen zu können, denn nur mit neuen Krediten kommt neues Geld in Umlauf und nur mit neuem Geld können Zinsen alter Kredite bezahlt werden.
Vor dem Fall der Mauer waren Millionen Quadratkilometer Land in Osteuropa noch nicht beliehen, denn sie unterstanden – so die offizielle Version – dem kommunistischen Experiment, dem sogenannten Warschauer Pakt. In Wirklichkeit war der Osten aber eine Reserve des westlichen Finanzsystems, die erst angebrochen werden durfte, als es wirklich vonnöten war. 1990 war es so weit: Ohne dass die Öffentlichkeit die geringste Spur der Ahnung hatte, was um sie herum passierte, stand das westliche System wohl schon damals am Rande des Abgrunds. Nachdem der eiserne Vorhang gefallen war, wurden Millionen Quadratkilometer Land in Osteuropa beliehen und neue Kredite aufgenommen, um das nun noch größere Kasino weiterhin am Laufen zu halten. Hätte es die Reserve im Osten nicht gegeben, würde das westliche System heute schon längstens der Vergangenheit angehören.
Andererseits würde die DDR und mit ihr der gesamte Ostblock weiterhin existieren, wäre diese Reserve bis heute nicht vonnöten gewesen. Dann gäbe es heute aber noch keine Finca Bayano, weil der Bedarf dafür noch nicht bestünde. Ich lehne mich wahrscheinlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass dieser vorletzte Akt bereits 1945 oder lange davor – gemeinsam mit den Russen – geplant wurde, denn es ist absolut ausgeschlossen, dass große Ereignisse – vor allem im Zentrum Europas – zufällig passieren. Folglich bestand auch nie die Gefahr eines kalten Krieges – es war alles nur Theater. Kaltes Theater! Heute befinden wir uns im letzten Akt dieses Theaters, aber es gibt keine Reserve mehr, die genutzt werden könnte. Daher besteht heute sehr wohl die Möglichkeit eines Krieges zwischen Russland und den USA.
Nachdem ich glaubte, diese Zusammenhänge erfasst zu haben, gab es für mich schon Ende der neunziger Jahre keinen Grund mehr, in Europa zu bleiben. Zwar war ich mir darüber im Klaren, dass überall auf der Welt die Lüge zur Wahrheit gemacht wird, aber ebenso gibt es Orte, an welchen diese Tatsache klimatisch leichter zu ertragen ist und der Mensch für seinen Beitrag nicht das Maximum an Steuern leisten muss. Es verging jedoch noch ein ganzes Jahrzehnt, bis ich die Idee hatte, ein Projekt wie die Finca Bayano aufzubauen. In den Jahren 2000 bis 2002 verpachtete ich mein Geschäft in Berlin, und segelte durch die Karibik. Hätte ich während des Börsencrashs von 2001 wegen meiner Gier nicht zu viel Geld verloren, wäre ich möglicherweise damals schon nicht mehr nach Berlin zurückgekehrt.
Während der Neunziger las ich jede Menge Bücher, aber ich kam dem Hasen nicht wirklich auf die Spur. Wie hätte ich damals auch wissen sollen, wer die Wahrheit sagt? Gesprächspartner zu diesem Thema gab es nicht und erst mit dem Internet eröffneten sich Welten neuer Informationen, die einfach zu finden und einfach zu verstehen waren. Schon damals stand zu lesen, dass in einer nicht näher definierten Zukunft eine Null-Verzinsung zu erwarten sei und dass der Systemzusammenbruch spätestens befürchtet werden müsse, wenn ein Bargeldverbot zur Diskussion stehe, um Bankruns zu verhindern. Darauf lief es 2008 hinaus und ich entschied, nicht in Mitteleuropa Zeuge des letzten Aktes zu werden. Gleichzeitig vertiefte sich meine skeptische Haltung gegenüber dem System weiter und spätestens, nachdem ich folgerichtig erkannt hatte, dass es ausschließlich das internationale Großkapital ist, welches über unser Schicksal entscheidet, habe ich für patriotische Denkweisen nichts mehr übrig.
Wie dem auch sei, mit der Wiedervereinigung begann ich mir die ersten Gedanken zu machen. Ich ahnte damals nicht, wie weit Realität und Wirklichkeit auseinander lagen, aber ich verstand relativ schnell. Und weil ich mein Leben nicht bewusst als Zinssklave am Ende der Nahrungskette eines nimmersatten Finanzkasinos verbüßen wollte, beschloss ich, loszulassen und auszuwandern. Hörten wir im Geschichtsunterricht, welche Ungerechtigkeit den Leuten im Mittelalter widerfuhr, weil sie den Zehnten an ihre Grundherren bezahlen mussten, widerfuhr mir ähnliche Ungerechtigkeit im umgekehrten Sinn: Nach Abzug meiner Kosten und der Überweisung an das Finanzamt am Mehringdamm, blieb mir im letzten Jahr meiner Selbstständigkeit gerade mal der Zehnt…
Als ich im Dezember 2009 meinen Flieger in Tegel bestieg, sollte es mein letzter Abflug sein, ohne dass ich mir dessen bewusst gewesen wäre. Mittlerweile bin ich mehr als acht Jahre nicht mehr in Deutschland gewesen und ich muss sagen, dass ich das Land nicht vermisse. In Panama fehlen mir zwar ein paar Dinge, über die ich in Deutschland verfügte, aber der umgekehrte Fall trifft mehr zu: ich habe hier vieles, was ich in Berlin vermisste – vor allem was Natur und Klima betrifft.
Zwar bin ich auf der Finca Bayano nicht im Urlaub, wie es viele derer, die sich an mich wenden, vermuten, aber ich arbeite an einem Projekt, von dem ich vollends überzeugt bin und das mit jedem Tag, der vergeht, auch andere überzeugt. Täglich informiere ich mich darüber, was die Welt bewegt, aber natürlich verfolge ich, was in Deutschland passiert, mit ganz besonderem Interesse. Vielleicht fuhr ich etwas zu früh nach Tegel, denn ich hätte ein paar Mark mehr verdienen können, um in Panama ein noch angenehmeres Polster zu haben, aber schließlich wollte ich nicht den letzten Flug verpassen. Andere fahren zu spät nach Tegel. Oder sie können sich erst gar nicht mehr sich auf die Fahrt zum Flughafen begeben!
Im Nachhinein glaube ich, dass meine Entscheidung richtig war. Wer Deutschland in den Dreißigern rechtzeitig verließ, konnte sich dunkle Etappen deutscher Geschichte aus der Ferne betrachten. Ich bevorzuge, mir die letztendliche Verdunklung Deutschlands – den letzten Akt – von der anderen Seite des Atlantiks aus anzusehen, denn ich gehöre nicht zu den Optimisten, die glauben, es würde nochmals besser. Auch die Annahme, es müsse erst einmal schlechter werden, bevor es besser werde, ist vollkommen daneben. Die multikulturelle Gesellschaft in Zeiten der medialen Massenverblödung ist am Ende und daher ist meine Meinung:
Es muss es noch viel schlechter werden, bevor es noch schlechter wird!